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05.12.2023, 09:03

Lesung Neuhäusel 2024

Lesung in Neuhäusel findet am 12.04.2024 um 19 Uhr im Sankt Anna-Haus statt. Einlass ab 18:30 Uhr. Gelesen wird ein bunter Mix aus dem Repertoire der Brückenschreiber.   mehr


01.12.2023, 21:55

Jürgen hat eine Kurzgeschichten-Sammlung veröffentlicht.

„Tuchscherer AG – Kurzgeschichten rund um Büro und Fabrik“ kann als Paperback ab sofort über den Online-Buchhandel bezogen werden. Das eBook voraussichtlich ab Januar 2024. „Tuchscherer AG“ beschreibt in 22...   mehr




 

Jürgen Gebhardt               

 

JÜRGEN GEBHARDT, 1957 IN KOBLENZ GEBOREN, SEIT DER JAHRTAUSENDWENDE IM UNTEREN WESTERWALD LEBEND, LIEBT DIE NATUR, SPORT, MUSIK, LITERATUR SOWIE GUTE GESPRÄCHE UND GESELLIGES ZUSAMMENSEIN MIT NETTEN, INSPIRIERENDEN MENSCHEN.
„TUCHSCHERER AG“ IST SEINE ERSTE VERÖFFENTLICHUNG ZUM THEMA BÜRO, ARBEIT UND DEN TÜCKEN DES MANAGEMENTS.


 




Die Identitätskrise 


Auszug aus: 


An manchen Tagen fühlt sich Dr. Andreas Anders recht einsam im Turm oben auf der 12. Das sind diese Momente, in denen er sich danach sehnt, nicht rund um die Uhr die erdrückende Bürde des CEO der Tuchscherer AG auf seinen Schultern spüren zu müssen.

An solchen Tagen möchte er Einer unter Vielen sein, aber die Position bringt es mit sich: Die Distanz zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist der Preis für seinen Erfolg und das Gedeihen des Unternehmens.
Zwar ist er auf Kurs, sein Fünfjahresvertrag befindet sich noch in der ersten Hälfte der Laufzeit und die Geschäftsentwicklung lässt auch in diesem Jahr auf einen niedrigen sechsstelligen Bonus hoffen. Aber Geld allein macht nicht glücklich, wer wüsste das nicht besser als Dr. Anders? Nein, manchmal wünscht er sich, nicht CEO mit allen Pflichten und Verantwortungen zu sein, sondern seine Arbeit auf einer der unteren Ebenen verrichten zu können, um mit dem Ablegen der Arbeitskleidung am frühen Nachmittag bei einer Flasche Bier vor dem Fernseher den Feierabend genießen zu können. Unbeschwert und ohne ständig an die Herausforderungen denken zu müssen, die im Unternehmen auf ihn warten.
Aber so sehr er sich auch oft nach der Anonymität und Unbeschwertheit eines einfachen Fabrikarbeiters sehnt, so sehr quält ihn immer wieder die Verantwortung seiner Position, sobald er das Verwaltungsgebäude betritt, um hinauf auf die 12 zu fahren. An den Blicken der Mitarbeiter - allesamt Untergebene, to name it! - meint er zu erkennen, dass sie genau spüren, was er ist und was sie niemals sein werden.
Nach einer langwierigen, quälenden Selbstfindungsphase muss er sich eingestehen, dass sich eine Entfremdung zwischen ihm und seinen Mitarbeitern entwickelt hat. Eine Distanz, die er verringern möchte; wenn er doch nur wüsste, wie! Er handelt mit seiner Frau Sylvia aus, einmal im Monat aus dieser Situation entfliehen zu dürfen. An diesem einen Abend möchte er sich unters Volk mischen. Mal die Rotarier, den Golfclub (Handicap 9), den Manager-Circle hintenanstellen. Dafür den einfachen Vergnügungen des kleinen Mannes nachgehen.
Das Trikot aus dem Fanshop des FC, beflockt mit der „12“ und dem Namen „ANDI“ in Großbuchstaben auf dem Rücken sitzt um den Bauch herum zwar etwas eng, aber er beschließt, dieses erstmal unter dem Hoodie mit dem Tuchscherer-Firmenlogo und der Aufschrift GEMEINSAM! zu tragen, den er im vergangenen Jahr für ein Outdoor-Survival-Management-Training des oberen Führungskreises hat anfertigen lassen. Für einen Moment überlegt er, sich eine Karte für die Haupttribüne zu kaufen. Aber nein, sitzt da nicht immer der tumbe Dr. Hentschel? Zusammen mit Sokolow? Diesem aufsässigen Rebellen! Und überhaupt, er hat ja beschlossen, sich unters Volk zu mischen. Also kauft sich Dr. Anders eine Stehplatzkarte für die Südkurve, eine Stadionwurst und ein Bier im Plastikbecher, bevor er sich an einen Wellenbrecher im oberen Teil der Kurve stellt.
„Ey, das ist ja mal eine geile Kutte! So ein Tuchscherer-Ding, wusste gar nicht, dass es sowas gibt!“
Der junge Mann neben ihm starrt ihn an, die Zigarette in seinem Mundwinkel wackelt bei jedem Wort.
„Mensch, ich kenn doch das Logo. Bin selbst in dem Laden. In Halle 1, an der kleinen Presse, der HSK 905/3. Meist Nachtschicht, das gibt am meisten Kohle. Wir pressen anderthalber Alu-Linkshänder-Spülbecken in verschiedenen Größen. Meist für den Benelux-Markt. Übrigens, ich bin Hendrik de Jong. Kannst aber ruhig Henk zu mir sagen, sagen alle so.“


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Dies ist der Beginn der Kurzgeschichte „Die Identitätskrise“.
Wie es mit Dr. Anders und dessen neuen Bekannten Henk de Jong weitergeht, lesen Sie in der Kurzgeschichtensammlung „Tuchscherer AG – Kurzgeschichten rund um Büro und Fabrik“. Ab sofort über den Online-Buchhandel zu beziehen.


 

  © Jürgen Gebhardt        Dezember 2023

 

 

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brueckenschreiber-koblenz@t-online.de